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  • AutorenbildJules Cachecoeur

Bloggen macht stark.

Grace Kelly 1950S GIF

Quelle: giphy.com


Ich kenne jemanden*, der* gegenüber fremden Menschen und Situationen so nervös reagiert, dass er* manchmal ziemlich verzweifelt ist und sich dann lieber verkriecht in sein* Bett, ein Ort, an dem er* alleine und sicher ist. Zumindest für den Moment. Ganz oft fragt er* sich, woher das eigentlich kommt, dieses kribbelnde Gefühl, dass sich zuerst in den Händen sammelt, sich dann ganz rasch über die Unterarme bis in jeden noch so kleinen Winkel des Körpers ausbreitet und einen in bestimmten Alltagssituationen zu diesem komischen Verhalten zwingt? Die Urheberin dieser physischen Reaktionen kennt, mal mehr mal weniger, jede*r von uns: Unsicherheit. Unsicherheit – mit Menschen, Emotionen, Gedanken. Da hilft nur Rückzug, das eigene Zimmer, das Bett, ein sicherer Ort. Möglicherweise werdet ihr euch wundern. Denn diesen* Jemand*, den* ich kenne, der bin ich.

Drama Queen Sigh GIF

Quelle: giphy.com


Hallo, Angst, ich brauch dich nicht.

Irgendwann muss es ja angefangen haben, dass Unsicherheit meine stille Begleiterin wurde.

Ich möchte sie gerne hier absetzen – an dieser Stelle in meinem Leben, einfach am Bordstein abschütteln von meinen Händen, wie eine Spinne, die sich auf meinem Körper verirrt hat und an mir hochgekrabbelt ist. Unsicherheit lähmt mich, sie bringt mich dazu, mich so zu verhalten, wie ich nicht bin bzw. sein will und mich in mir selber so zu fühlen, wie ich mich in vertrauten und vorhersehbaren Situationen sonst nicht fühle. Klein, schwach, aufdringlich, lästig, überheblich, arrogant, dümmlich. Dann mag ich mich am allerliebsten zurückziehen, so wie das viele machen, die unter ähnlichen Gefühlen leiden. Allerdings habe ich immer schon eine andere Strategie gewählt, um meine Angst loszuwerden. Ich such(t)e Konfrontation.

Ich stehe alleine vor dem schönen, renovierten Herrenhaus auf der Schönebecker Str. in Buckau, in dem in der ersten Etage in den Räumlichkeiten von mein-kurs Magdeburg die erste MagdeBLOGS-Konferenz stattfindet und bin innerlich am Rotieren. Während ich früher vor besonderen Events bereits tagelang innerlich aufgebracht war, sind es heute vor allem Morgen oder Abende davor, die mich in ein selbstzweifelndes, aufgekratztes Tier verwandeln. Doch wovor genau habe ich eigentlich Angst?

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Menschen, die Eigenschaften des selbstunsicheren-ängstlichen Persönlichkeitsstils (nach Kuhl und Kazén 1997) aufweisen, sind insbesondere in unbekannten und unvorhersehbaren Situationen gehemmt und nervös. Sie verhalten sich zurückhaltend und „vermeiden aus Angst vor Kritik, Missbilligung oder Zurückweisung engere zwischenmenschliche Kontakte“ (ebd.). Genau das trifft auch auf mich zu. Ich erlebe meine Erwartungserwartungen der anderen oft als so belastend und intensiv, dass ich plötzlich eine (meinetwegen irrationale) Angst davor entwickele, abgelehnt, verhöhnt oder übersehen zu werden und reagiere dann mit Nervosität und Unsicherheit. In der Psychologie wird davon ausgegangen, dass Menschen mit diesem Persönlichkeitsstil im Laufe ihrer Sozialisation Ablehnung und Kritik erlebt haben. Neben genetischen Faktoren trage „ein abwertendes und emotionsarmes Verhalten der Eltern oder eine Neigung, ihre Kinder lächerlich zu machen“ dazu bei, dass Kinder sich auch im Erwachsenenalter mit einer derartigen Angst rumschlagen.

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Quelle: giphy.com


Vor diesem Hintergrund nutze ich die MagdeBLOGS-Konferenz als Experimentierfeld und nehme diesen Tag zum Anlass meine Angstgefühle einmal genauer zu beobachten, indem ich ein Vorher-Nachher-Interview mit mir selber durchführe. Bringt mir das Erkenntnis?

Dancing with myself

Ich grüße Sie, Frau Fuchs. Sie stehen ja gerade hier unmittelbar vor den wohlbemerkt atemberaubend schönen Räumlichkeiten des mein-kurs Magdeburg, um als Bloggerin an der ersten MagdeBLOGS-Konferenz teilzunehmen. Wie fühlen Sie sich?

Frau Fuchs: Ich bin ganz schön aufgeregt, weil ich gar nicht weiß, was mich da erwarten wird. Es werden sicherlich eine ganze Menge toller Leute da sein, die so kreativen Output haben, dass ich sicherlich erstmal eine Weile brauche, damit ich wahrgenommen werde. Neben meiner Anspannung ist da aber auch ein ganz großes Quäntchen an Vorfreude, die mich bis hierher begleitet hat. Deshalb fühlt es sich innerlich etwas ambivalent an: Angst und Vorfreude in Kombination ist etwas weird.

Ja, das klingt durchaus herausfordernd. Was meinen Sie, wäre denn das Schlimmste, was Ihnen heute zustoßen könnte?

Frau Fuchs: Also so richtig Schlimmes kann ja eigentlich nicht passieren. Mir wird keine*r den Kopf abreißen oder so. Allerdings weiß ich jetzt schon, dass ich anfänglich erstmal ganz verhalten rumstehen werde und nicht so genau weiß, wohin mit meinen Händen und so, während andere viel offensiver ins Gespräch kommen. Das ist etwas, das ich ziemlich oft auf Tagungen oder Partys an mir beobachte und mit mir selber erlebe und nicht sonderlich mag. Es ist dann schwer über seinen eigenen Schatten zu springen.

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Quelle: giphy.com


Verstehe. Aber das tun Sie dann irgendwann?

Frau Fuchs: Es kostet innerlich viel Energie und im Allgemeinen etwas Zeit, aber dann „fluppt“ es plötzlich und ich finde mich dann ganz gut integriert und geerdet wieder auf. Es ist dann so, als sei diese zweite Seite in mir, die mit mir hergekommen ist, wieder nach Hause gegangen. Ich wünschte mir allerdings, dass sie von Anfang an einfach zu Hause bliebe. So könnte ich mich viel mehr auf die Inhalte konzentrieren. Auf der Blogger*innenkonferenz geht es darum, so meine ich, über den eigenen kreativen Output zu sprechen und Anregungen zu sammeln, um einfach noch mehr coole Dinge zu realisieren. Naja und um Vernetzung in Sachsen-Anhalt. Hier gibt es eben auch eine aktive Blogger*innenszene. Das glaubt man* vielleicht erst gar nicht. Is’ aber so.

Sie sprechen ja hier schon Ihre Erwartungen an. Was wollen Sie denn konkret heute von der Konferenz mitnehmen?

Frau Fuchs: Ich würde gerne erfahren, warum andere Menschen bloggen und welche auch technischen Tricks sie nutzen, um vielleicht noch potenzielle Leser*innen zu erreichen. Ich glaube, im Selbstmarketing, wenn man* das so nennen will, bin ich nicht sonderlich gut.

Gut, Frau Fuchs. Dann will ich Sie auch nicht länger aufhalten, wir sehen uns ja nach der Veranstaltung um 18 Uhr hier vor dem Eingang. Kleine Frage noch zum Schluss: Wie fühlen sich Ihre Hände an?

Frau Fuchs (lacht): Tatsächlich warm. Aber trotzdem etwas unruhig.


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Hinterher weiß man immer mehr

Frau Fuchs, da sind Sie ja wieder. Sie wirken ja richtig zufrieden. Und Sie sind offensichtlich schwer bepackt mit tollen Sachen?!

Frau Fuchs: Ja, die beiden Organisatorinnen Leen und Aline haben uns mit einem ganz zauberhaften Ãœberraschungsbeutel beschenkt und sowieso war das alles wirklich beeindruckend liebevoll vorbereitet, auch mit der Verpflegung, es gab Catering von Madame Lulu. #Loveit.

Und wie fühlen Sie sich? Was nehmen Sie mit?

Frau Fuchs: Wie fühle ich mich? Das ist tatsächlich dann immer schwer so auf Anhieb unmittelbar nach einer so interaktiven Sache zu sagen. Bin da immer ziemlich überwältigt. Was ich mit Sicherheit behaupten kann, ist dass ich inspiriert bin. Ich würde mich am liebsten sofort an den Rechner setzen und einen neuen Blogeintrag schreiben. Und ich habe gute Tipps erhalten in den drei Workshops zu Fotografie, Social Media sowie Blog und Shop zu verbinden.

Erzählen Sie mir doch mal, wie Sie sich selber in Kontakt mit den Menschen gefühlt haben.

Frau Fuchs: Ja, ich habe gemerkt, dass ich wieder kribbelig war und musste harte Arbeit leisten, um dem Gefühl nicht zu erliegen. Das war insbesondere am Anfang und in den Pausen, wo quasi nicht das Rahmenprogramm soziales Miteinander geregelt hat, anstrengend. Klingt so negativ, aber ich fand es auch total bereichernd, zu erfahren, dass ich, wenn ich mich öffne und kleine Schritte auf die Menschen zugehe, ganz viel zurückbekomme an Resonanz und dass Menschen mich offensichtlich sympathisch finden. Insbesondere nach der Vorstellungsrunde ist mir da so ein kleiner Stein vom Herzen gefallen, weil ich in liebe, offene Gesichter geschaut habe. Es waren viele unterschiedliche Menschen da, die einen schreiben einen Elternblog, einige bloggen über Ernährung, über kreatives Gestalten oder das Reisen und wiederum andere wollen mit dem Bloggen ihre berufliche Selbstständigkeit unterstützen oder tun dies bereits. Zudem habe ich noch einmal wichtige Dinge zu der neuen Datenschutzverordnung in Erfahrung gebracht.

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Sie deuteten an, dass die Resonanz der anderen Ihnen geholfen hat, sich selbstsicherer zu fühlen. Könnten Sie daraus etwas für zukünftige Situationen mitnehmen?

Frau Fuchs: Ja, eigentlich wäre das ja ein Argument dafür, gleich zu Anfang mehr auf die Menschen zuzugehen. Dann würde man sich ja diese anfänglichen Hemmungen und Unsicherheitsgedankenspiralen sparen. Aber leider ist das nicht so einfach, wie es von außen scheint. Denn trotz der oft positiven Erfahrungen, die man dann in Kontakt mit anderen macht und die einen auch total empowern, bleibt doch trotzdem eine diffuse Angst davor, dies sei ja nur Glück gewesen, während hingegen in einer nächsten unvorhersehbaren, fremden Situation ein gleichhohes Risiko, von anderen abgelehnt zu werden oder sich zu blamieren, bestünde. Das ist ein grundlegendes Denkmuster, das man so schnell nicht rausbekommt. Und das bringt mich im Nachhinein auch dazu, genervt von mir selber zu sein. Es macht mich traurig und nachdenklich.

Aber bringt es Ihnen etwas, darüber zu reden und diese diffusen Emotionen in Worte zu bringen?

Frau Fuchs: Ja, ich denke, das ist wirklich wichtig, einerseits, um sich selber die Absurdität dieser Ängste in den jeweiligen Situationen vor Augen zu führen und andererseits, um vielleicht Menschen zu erreichen, die ähnlich empfinden. Ich kann sagen, dass Unsicherheit nur eine von vielen Facetten in mir ist, die mich in meiner gesamten Person ausmachen. Wenn ich auf der Bühne stehe und singe, oder in großen Runden leidenschaftlich und durchaus laut diskutiere, erlebe ich mich selber als durchaus selbstbewusst und extrovertiert. Es ist wirklich erstaunlich, wie widersprüchlich ich mich in meiner Persönlichkeit manchmal fühle. Ich glaube, es gibt immer wieder etwas an einem* selber, das man* entdecken kann und woran es sich vielleicht lohnt zu feilen. Meiner Meinung nach ist das wichtig, was man* von sich selber hält. Wenn ich mich – wie an manchen Tagen – klein, dümmlich und ungesehen fühle und so auf eine Konferenz gehe, dann spiegelt sich das auch in meiner Körperhaltung und meinem Verhalten wider. Ich muss also versuchen, mich nicht klein, dümmlich und ungesehen zu fühlen. Das klingt vielleicht banal oder auch pathetisch, aber ich glaube, genau das ist es. Man muss es wirklich FÜHLEN. Der Verstand alleine hilft einem dabei nicht, wenn das Herz nicht mitkommt.

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Es ist 18 Uhr. Ich stehe an der Bahnhaltestelle und denke an N.s Worte: Was habe ich dir gesagt, was du tun sollst, wenn du dich wieder so fühlst? Schau in den Spiegel, klopf dir auf den Po, zwinker dir zu und sag: „Check.“ Ja, das bin ich und ich bin gut so wie ich bin.

Anm.: Die Idee, den Blogeintrag wie ein Interview zu gestalten, habe ich von den beiden Organisatorinnen Leen und Aline erhalten. Vielen Dank dafür, ihr seid famos!

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